Neuregelung des Notrechts nicht notwendig; Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf

Bern, 16.06.2006 - Zusätzliche Regelungen im Bereich des Notrechts sind weder notwendig noch zweckmässig. Zu diesem Schluss ist der Bundesrat am Freitag im Rahmen einer Aussprache gelangt.

Das Notrecht gelangt in aussergewöhnlichen, schwerwiegenden Krisensituationen wie Kriegen oder schweren Naturkatastrophen zur Anwendung, wenn die staatlichen Einrichtungen nicht mehr normal funktionieren. Am 16. Juni 2003 hob der Bundesrat 23 gegenstandslos gewordene Notrechtserlasse auf, die er vor allem zwischen 1950 und 1985 im Hinblick auf ausserordentliche Ereignisse vorsorglich genehmigt oder zur Kenntnis genommen hatte.

Zugleich beauftragte der Bundesrat damals das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zu prüfen, ob drei der aufgehobenen Notrechtserlasse ins ordentliche Verfassungsrecht überführt werden sollen. Die aufgehobenen Erlasse regelten die Erteilung umfassender Vollmachten an den Bundesrat zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität, die Zuständigkeiten der Bundesbehörden im Notstand sowie die ausserordentliche Zuweisung von Bundeskompetenzen an die Kantone.

Schwerfällig, unnötig und risikoreich

Der Bundesrat hat sich am Freitag gegen eine Neuregelung des Notrechts ausgesprochen, weil die Festlegung präziser Regeln zu einer gewissen Schwerfälligkeit des Beschlussverfahrens führen kann. Beschlüsse sollten aber gerade in ausserordentlichen Lagen rasch und reibungslos gefasst werden können. Ferner ist der Bundesrat überzeugt, dass es dank der föderalistischen Staatsstruktur möglich ist, im Falle einer Lähmung der Bundesbehörden auf leistungsfähige dezentralisierte Verwaltungen zurückzugreifen. Umgekehrt kann der Bund zusätzliche Kompetenzen übernehmen, die in normalen Zeiten durch die Kantone wahrgenommen werden. Schliesslich könnte die Schaffung der notwendigen notrechtlichen Verfassungsgrundlage nach Ansicht des Bundesrates das Risiko eines Machtmissbrauchs erhöhen. Die Existenz einer Notstandsregelung könnte dazu führen, dass die psychologische Hemmschwelle gesenkt und die für solche Fälle vorgesehenen Normen weniger zurückhaltend angewendet werden.

Ausserordentliche Situationen und Dringlichkeitsrecht

Vom Notrecht im engen Sinne zu unterscheiden sind die Ergreifung verfassungskonformer Massnahmen beim Eintritt ausserordentlicher Umstände (z. B. Verordnung über das Verbot der Gruppierung "Al-Qaïda" und verwandter Organisationen). Auch das Dringlichkeitsrecht, das gemäss einem in der Bundesverfassung festgelegten, beschleunigten Gesetzgebungsverfahren zustande kommt, unterscheidet sich vom Notrecht im engen Sinne. Gegenstand der bundesrätlichen Aussprache war nur das "echte" Notrecht, das nicht in der Bundesverfassung geregelt ist.


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