Grösste Föderalismusreform der Schweiz: Die NFA ist startbereit

Bern, 09.11.2007 - Grünes Licht für die grösste Föderalismusreform seit Bestehen des Bundesstaates: Nach rund 15 Jahren intensiver Arbeit wird die umfassende Reform des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen integral auf den 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung von vorgestern Mittwoch die notwendigen Anpassungen des Verordnungsrechts genehmigt. Damit sind sämtliche Vorarbeiten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) abgeschlossen.

Mit der NFA werden zwei Hauptziele angestrebt: der Ausgleich kantonaler Unterschiede und die Steigerung der Effizienz. Ferner soll mit dem Reformprojekt der Föderalismus modernisiert und wieder belebt werden. Um diese Ziele zu erreichen, setzt das Reformvorhaben NFA mit fünf Instrumenten an zwei Hebeln an: zum einen bei den Finanzen (Ressourcenausgleich, Lastenausgleich), zum anderen bei den Aufgaben (Entflechtung der Aufgaben, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen, interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich).

Die Umsetzungsarbeiten für die Reform des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) erfolgten in mehreren Schritten. In einem ersten Schritt wurden 2003 die Verfassungsgrundlagen und das neue Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich geschaffen. Die neuen Verfassungsnormen wurden an der Volksabstimmung vom 28. November 2004 mit einer Mehrheit von 64,4 Prozent der Stimmen und von 20 1/2 Ständen angenommen. In einem zweiten Schritt haben die eidgenössischen Räte in der Herbstsession 2006 die Ausführungsgesetzgebung verabschiedet. Im Einzelnen sind 30 Bundesgesetze revidiert sowie drei Bundesgesetze neu erlassen beziehungsweise total revidiert worden. In einem dritten und letzten Schritt hat das Parlament anlässlich der Sommersession 2007 über die Dotierung der neuen Ausgleichsgefässe Beschluss gefasst.

Ressourcen- und Lastenausgleich

Kernelemente der NFA sind der neue Ressourcen- und der Lastenausgleich, welche die bisherigen Ausgleichssysteme ablösen und den "Finanzausgleich im engeren Sinn" bilden. Für diese neuen Ausgleichsinstrumente stellen Bund und Kantone jährlich 3,74 Milliarden Franken bereit.

Über den Ressourcenausgleich soll sichergestellt werden, dass auch die ressourcenschwachen Kantone über genügend frei verfügbare finanzielle Mittel verfügen, um die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Das gibt den Kantonen einen Anreiz, die Mittel sinnvoll anzulegen. Das Interesse für überteuerte - weil subventionierte - Projekte wird eliminiert.

Der Ressourcenausgleich basiert auf einem neuen Index zur Erfassung der kantonalen finanziellen Ressourcen- bzw. Steuerpotenziale. Anhand dieses Ressourcenindexes werden die Kantone in ressourcenstarke und ressourcenschwache Kantone eingeteilt. Ressourcenschwache Kantone erhalten von den ressourcenstarken Kantonen (horizontaler Ressourcenausgleich) und vom Bund (vertikaler Ressourcenausgleich) zweckfreie finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Der Steuerwettbewerb bleibt dabei erhalten. Die NFA soll namentlich zu einer Verringerung der Steuerbelastung zwischen den Kantonen führen und die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Kantone erhalten.

Der Lastenausgleich des Bundes will unverschuldete und unbeeinflussbare Strukturlasten der Kantone abgelten. Zu diesem Zweck stehen zwei neue Lastenausgleichsgefässe - der geografisch-topografische und der soziodemografische Lastenausgleich - zur Verfügung.

Entflechtung der Aufgaben

Im Rahmen der Aufgabenentflechtung zwischen Bund und Kantonen werden zehn Aufgabenbereiche vollständig in die Verantwortung der Kantone und sieben Aufgabenbereiche in diejenige des Bundes übertragen. Als Grundsatz der Aufgabenzuweisung dient das Subsidiaritätsprinzip. Danach soll die übergeordnete staatliche Ebene (Bund) nur diejenigen Aufgaben übernehmen, welche die untergeordnete Ebene (Kantone) nicht aus eigener Kraft erfüllen kann. Im Rahmen der Finanzierungsentflechtung entfallen die zweckgebundenen Subventionen sowie die finanzkraftabhängigen Zuschläge. Im Gegenzug erhalten die Kantone über die neuen Instrumente des Finanzausgleichs im engeren Sinn mehr freie Mittel zur Verfügung gestellt. So können die Kantone selber bestimmen, nach welchen Prioritäten sie die Mittel einsetzen wollen.

Die unbestritten wichtigste und anspruchsvollste Aufgabe, welche der Bund ab dem 1. Januar 2008 in integraler Verantwortung übernehmen wird, sind die Nationalstrassen. Der Bund wird Eigentümer der Nationalstrassen. Er ist neu der Bauherr und wird entsprechend alle strategischen und operativen Bauherrenaufgaben wahrnehmen. Konsequenterweise trägt er künftig sämtliche Kosten. Bisher betrug der Beitragssatz des Bundes bei Bau und Unterhalt durchschnittlich 87 Prozent, beim betrieblichen Unterhalt im Durchschnitt 67 Prozent. Die Übertragung der Nationalstrassen in das Eigentum des Bundes erfordert eine örtliche Dezentralisierung wesentlicher Funktionen. Aus diesem Grund werden ab 2008 gesamtschweizerisch fünf neue Aussenposten des zuständigen Bundesamtes für Strassen (ASTRA) ihre Arbeit aufnehmen, um die entsprechenden Aufgaben vor Ort wahrzunehmen. Die Kantone bleiben dennoch beteiligt: Die Fertigstellung des beschlossenen Autobahnnetzes wird als Verbundaufgabe zu Ende geführt. Beim betrieblichen und projektfreien baulichen Unterhalt werden die Kantone mit Leistungsvereinbarungen beauftragt. Ihnen obliegen auch weiterhin die Schadenwehren bzw. Blaulichtdienste.

Die Kantone übernehmen ab 2008 die integrale Verantwortung namentlich bei den Behindertenwohnheimen, Werkstätten und Sonderschulen. Die Kantone sind auf diese Aufgabe vorbereitet und werden enger zusammenarbeiten. Durch die integrale Zuständigkeit der Kantone werden neue Impulse namentlich für eine verstärkte Integration behinderter Kinder in die Regelschulen erwartet.

Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen

Insgesamt 16 Aufgabenbereiche werden im Rahmen der NFA als Verbundaufgaben eingestuft. Bei diesen Aufgaben liegt die strategische Führung beim Bund, während die Kantone die operative Verantwortung übernehmen. Anstelle der herkömmlichen aufwandorientierten und kostentreibenden Subventionen werden dazu künftig vom Bund Globalbeiträge ausgerichtet, deren Höhe sich am zu erzielenden Ergebnis anstatt am Aufwand orientiert. Über die Art des operativen Vollzugs können die Kantone frei bestimmen. Die neuen Subventionsformen dienen der Finanzierung von Mehrjahresprogrammen, deren Zielerreichung vom Bund überprüft wird. Beispiel für eine Verbundaufgabe ist der Natur- und Heimatschutz.

Interkantonale Zusammenarbeit

Die interkantonale Zusammenarbeit in neun Aufgabenbereichen wird auf klare verfassungsmässige und gesetzliche Grundlagen gestellt. In diesen neun Aufgabenbereichen kann das Bundesparlament auf Antrag beteiligter Kantone eine interkantonale Vereinbarung allgemeinverbindlich erklären oder einen Kanton zum Beitritt verpflichten. Der interkantonale Lastenausgleich sorgt dafür, dass auch in den kantonsübergreifenden Aufgabenbereichen die Nutzniesser zur Finanzierung beitragen müssen.

Auch die Kantone sind bereit

Nebst dem Bund haben die Kantone ihre Vorarbeiten soweit abgeschlossen, dass auch sie am 1. Januar 2008 für die innerkantonale Umsetzung der NFA startbereit sind. Gemäss Finanzausgleichsgesetz vom 3. Oktober 2003 berücksichtigt der Bundesrat bei der Bestimmung des Inkrafttretens der NFA den Stand der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich. Damit die Kantone - wie von ihnen selbst verlangt - in die Lage versetzt werden, die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich auszubauen und NFA-konform auszugestalten, wurde die Interkantonale Rahmenvereinbarung (IRV) ausgehandelt und durch eine Mehrheit der Kantone ratifiziert. Mit dem erfolgten Inkrafttreten der IRV am 11. Mai 2007 stehen die erforderlichen Grundlagen zur Verfügung.


Adresse für Rückfragen

Bund: Gérard Wettstein, Projektleiter NFA, Eidg. Finanzverwaltung, Tel. 079 598 57 29
Kantone: Walter Moser, Vertreter der Konferenz der Kantonsregierungen in der Projektleitung NFA, Tel. 031 322 38 24 / 079 778 85 59



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Eidgenössisches Finanzdepartement
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