REACH: Auswirkungen des neuen EU-Chemikalienrechts auf die Schweiz

Bern, 01.11.2007 - Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU zeigt die Auswirkungen der neuen EU-Chemikalienverordnung REACH in der Schweiz auf Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt. Die Studie analysiert Handlungsoptionen der Schweiz und dient als Grundlage für Entscheide des Bundesrates über eine allfällige Anpassung des schweizerischen Rechts.

REACH steht für Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (Registration, Evaluation, Authorisation and Restrictions of Chemicals). Die REACH-Verordnung ist in der EU am 1. Juni 2007 in Kraft getreten und hat zum Ziel, Mensch und Umwelt besser vor möglichen Risiken beim Umgang mit Chemikalien zu schützen und Innovationen zu fördern (siehe Kasten).

Welche Elemente von REACH zu welchem Zeitpunkt in das nationale Recht übernommen werden sollen, wird in einem nächsten Schritt der Bundesrat entscheiden.

Eine erste partielle Annäherung an REACH liesse sich auf Verordnungsstufe umsetzen (Abbau von Handelshemmnissen bei Neustoffen, Erhöhung des Schutzniveaus bei gewissen Altstoffen). Weitergehende Anpassungen an REACH erfordern eine Anpassung auf Gesetzesstufe (Chemikalien- und Umweltschutzgesetz).

Mögliche Umsetzungsschritte

Im Vollzug von REACH spielt die europäische Chemikalienagentur eine zentrale Rolle bei der Registrierung, der Evaluation der Dossiers, der Prioritätensetzung und der Zulassung besonders besorgniserregender Stoffe. Entscheidet sich die Schweiz für die Übernahme gewisser Registrierungspflichten von REACH ins schweizerische Recht, würde eine Zusammenarbeit mit der Chemikalienagentur den Vollzugsaufwand in der Schweiz erheblich reduzieren.

Handelshemmnisse, die sich durch die Einführung von REACH in der EU ergeben, liessen sich nur mit Anpassungen an REACH wieder abbauen.

Als Folge des hohen Exportanteils von Chemikalien in die EU wird die chemische Industrie der Schweiz auch ohne Anpassung des Schweizer Rechts mit hohen Registrierungskosten belastet. Die im Bericht dargestellten Teilanpassungen des schweizerischen Rechts an REACH vergrössern diese Kosten nur minim.  Bei voller Übernahme aller REACH-Bestimmungen müsste die chemische Industrie auch Zwischenprodukte prüfen und registrieren. Ausserdem können bei voller Übernahme für die Anwender von Chemikalien wie beispielsweise die Textilindustrie bedeutende Folgekosten entstehen, falls einzelne Stoffe nicht mehr verfügbar sind. In diesem Fall müssten die Anwender Rezepturen für ihre Produkte anpassen oder neu entwickeln.

Hohe Kosten auch ohne Anpassung des Schweizer Rechts

Mit REACH werden sich die Kenntnisse über mögliche Gefahren von Chemikalien für Mensch und Umwelt verbessern und in der EU Schutzmassnahmen auslösen. REACH schreibt vor, dass in der EU chemische Stoffe ab einer Jahresproduktion oder bei Importmengen von mindestens einer Tonne durch die Hersteller oder Importeure auf ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt hin getestet und registriert werden müssen. Weil der grösste Anteil der Chemikalienimporte aus der EU stammt, wird auch die Schweiz vom höheren Schutzniveau indirekt profitieren.  Das Schutzniveau kann sich aber nur dann gleichzeitig und gleichermassen wie in der EU erhöhen, wenn die wesentlichen REACH-Bestimmungen in das schweizerische Recht übernommen würden.

REACH erhöht das Schutzniveau

Die Studie wurde vom Bundesamt für Gesundheit BAG, dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO und verschiedenen Verbänden begleitet. Sie liefert eine erste Grundlage für Entscheide über eine allfällige Anpassung des schweizerischen Rechts.

Die Schweiz hat ihr Chemikalienrecht erst 2005 mit dem bisher geltenden EG-Chemikalienrecht harmonisiert. Mit der Inkraftsetzung von REACH in der EU weicht das Schweizer Recht erneut von demjenigen der EU ab. Deshalb hat das BAFU im Rahmen einer Regulierungsfolgenabschätzung die verschiedenen Handlungsoptionen der Schweiz und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt durch KPMG, Zürich, untersuchen lassen.

Neues Chemikalienrecht der EU
Der Kernpunkt von REACH ist, dass in der EU nicht wie bisher nur neu entwickelte chemische Stoffe, sondern auch die schon vor 1981 verwendeten Altstoffe bis zum Jahr 2018 etappenweise registriert werden müssen. Für die Registrierung müssen Hersteller oder Importeure die Stoffe hinsichtlich ihrer Wirkung auf Mensch und Umwelt prüfen und bewerten. Die EU-Kommission schätzt, dass etwa 30'000 Altstoffe registrierungspflichtig werden. Die Beweislast für die Ungefährlichkeit dieser Stoffe liegt bei der Industrie. Für die Registrierung von neuen Stoffen werden die Anforderungen gesenkt. Weiter müssen neue Stoffe bereits vor der Produktion registriert werden und für besonders besorgniserregende Stoffe gelten spezielle Vorschriften. In diesen und weiteren Kernpunkten weicht das Chemikalienrecht der Schweiz vom EU-Chemikalienrecht ab (vgl. Faktenblatt). Für den Vollzug hat die EU die europäische Chemikalienagentur mit Sitz in Helsinki geschaffen. 


Adresse für Rückfragen

Bundesamt für Umwelt BAFU, Andreas Weber, Sektion Industriechemikalien,
Tel. 031 322 68 59
Bundesamt für Gesundheit BAG, Eva Reinhard, Direktionsbereich Verbraucherschutz, Abteilung Chemikalien, Tel. 031 322 95 05
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Christoph Rüegg, Leiter Ressort Chemikalien und Arbeit, Tel. 043 322 21 51



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